TRANSFORMATOR
Die Mehrbildpostkarte zeigt die Architektur des Bowlingtreffs von der Platzseite sowie die Innenräume mit der Bowlingbahn und den Gastronomiebereichen. Die Umgestaltung der ehemaligen Stromumformer-Station zum Bowlingtreff durch den Leipziger Architekten Winfried Sziegoleit wurde 1987 zum achten Turn- und Sportfest der DDR fertiggestellt. Das größte Bild der Postkarte zeigt den Haupteingang von der Platzseite mit Freiraumgestaltung, Aufenthaltsbereichen und einer Brunnenschale; dahinter befinden sich Stadtring und Zentrum. Der Gegenblick hätte die jahrzehntealte Brache des Wilhelm-Leuschner-Platzes mit weitläufigen Stellplatzflächen und einzelnen Grünzonen gezeigt.
Die Serie widmet sich dem ikonischen Gebäude, das Faszination auslöst und zugleich angesichts seiner sonderbaren Erscheinung Fragen provoziert. Bei einer Annäherung von der Platzseite schien es, als befände sich der Bowlingtreff nicht mitten in Leipzig, sondern in einer naturnahen Umgebung, da die wildwuchernde Vegetation die Stadt akustisch und visuell ausblendete. Von der Straßenseite zeigte sich eine völlig andere Situation: Straßenbahnen, Busse und Autos fuhren dicht am Gebäude entlang und viele Menschen passierten den Ort. Die Fotografie-Serie zeigt das Gebäude bewusst aus der Nähe, so dass der umgebende Stadtraum an Einfluss verliert. Sie verfolgt die systematische Bewegung um den Solitär und reagiert damit auf seine geometrische Grundform des Oktogons sowie auf die skulpturale Architektur. Erkennbar sind die Sandstein-Fassaden mit ihren schmalen Glasschlitzen, die bis zur Abschlusskante des Baus reichen. Zugleich werden die Überschreibungen sichtbar: Graffitis, zugemauerten Öffnungen, montierte Blechpaneele vor den Fenstern – sie sollen das Eindringen ins Innere verhindern und erzeugen den Eindruck von Geschlossenheit und wehrhaftem Charakter. Während der untere Bereich die Überschreibungen aus den letzten 30 Jahren zeigt, ermöglicht der Blick nach oben einen Eindruck von der originären Architektur. Eine Fotografie stellt die Szenerie der Postkarte nach: Sie zeigt die Konsistenz der Form, trotz der Interventionen am ehemaligen Haupteingang. Zwei Fugen in seiner flächigen Zumauerung entstanden 2007 durch das Aufsägen des Mauerwerks im Kontext der einwöchigen HTWK-Veranstaltung „Bowling together!“ und der temporären Öffnung des zum Abbruch vorgesehenen Bowlingtreffs. Nach dieser Zwischennutzung folgten der Denkmalschutz und später der Stadtratsbeschluss 2020, das Naturkundemuseum im ehemaligen Bowlingtreff einzurichten. Seit 2024 wird der Entwurf von W+V Architekten umgesetzt.