ARCHITEKTUR UND RAUM FÜR DIE AUFFÜHRUNGSKÜNSTE
Das transdisziplinäre Forschungsprojekt zwischen Theater- und Medienwissenschaft und Architekturgeschichte und –theorie wird gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Projektnummer 284156660 und besteht aus zwei Projektteilen:
Teil 2 - Architektur und Raum für die Aufführungskünste: Häuser und Orte künstlerisch-kultureller Mischnutzungen - Zugänglichkeit, Programmierung und erweiterte Szenografien. Förderzeitraum: 09/2021 bis 02/2025.
Teil 1 - Architektur und Raum für die Aufführungskünste - Entwicklungen seit den 1960er Jahren. Förderzeitraum: 10/2016 bis 09/2021.
Teil 2
Architektur und Raum für die Aufführungskünste: Häuser und Orte künstlerisch-kultureller Mischnutzungen - Zugänglichkeit, Programmierung und erweiterte Szenografien.
Transdisziplinäres Forschungsprojekt zwischen Theater- und Medienwissenschaft und Architekturgeschichte und –theorie / Gefördert durch Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Zieht man als Orte und Räume für die Aufführungskünste nicht allein die im engen Sinne für Theater/ Tanz/ Performance gebauten Architekturen in Betracht, so lassen sich die Ergebnisse der ersten Phase des Forschungsprojektes in eine umfassendere Entwicklung einbetten. Auf zunächst vier verschiedenen Ebenen lässt sich eine Öffnung der mono-künstlerisch ausgerichteten Bauten und Programme von Theatern, Opern, Ausstellungshäusern/ Museen beobachten. Diese vier Ebenen repräsentieren unterschiedliche Konstellationen zwischen kulturellen Institutionen und deren Architekturen, (Stadt)Gesellschaft und Nutzer*innengruppen:
- Kulturelle Mischnutzung (oder: Vernetzung verschiedener kultureller/ künstlerischer Nutzungen) meint die räumliche Nähe und geteilte Architektur verschiedener, bis vor kurzem getrennt untergebrachter kultureller und kunstbezogener Orte und Institutionen.
- Öffnung der mono-künstlerisch ausgerichteten Orte und Häuser findet man in verschiedenen Facetten. Die Theater(gebäude) z.B. sollen sich für die Stadtgesellschaft und die Nachbarschaften der Orte, an denen sie sich befinden, öffnen. Diese Diskussion führt zu den Debatten um „city as commons“ (Stavrides 2016) oder „porous city“ (Wolfrum u.a. 2018), für die gemeinsame, einladende und zugängliche (Schwellen) Räume ein wesentlicher Aspekt von zukünftiger Urbanität sind.
- Vernetzung kultureller Nutzungen als Notwendigkeit für die ländliche Infrastruktur. In ländlichen Regionen zeigt sich eine Vielfalt von Häusern, Orten und Räumen, die – sowohl privat initiiert wie öffentlich gefördert werden. Ihre Programmierung ist sehr unterschiedlich, ihre baulich-architektonischen ‚Hüllen‘ sehr verschieden.
- Konversions-Areale und -Ensembles als Rahmen für Vernetzung kultureller Nutzungen. Die kulturell-künstlerische Umnutzung ehemaliger Industrieanlagen und -gebäude, die sich auf einem weitläufigen Gelände befinden, implizieren bereits als Areal eine Vernetzung kultureller Nutzungen. Die daraus entstehenden Synergien im Sinne einer Öffnung und Zugänglichkeit für die unterschiedlichsten Nutzer*innen-Gruppen, aber auch die bauliche Ausrichtung der verschiedenen Gebäude auf dem Gelände, die Gestaltung ihrer Schwellen zueinander, die gemeinsamen Plätze und verbindenden Wege und Räume werden als Formen von Zugänglichkeit und Schwellenräumlichkeit untersucht.
Mit dieser Kontextualisierung und erweiterten Fragestellungen werden die Ergebnisse zu Räumen und Architekturen der Aufführungskünste in aktuelle, internationale Diskurse zur Zukunft der Stadt/ der Region und ihrer kulturell-künstlerischen Orte, Räume und Häuser eingebettet. Und die Untersuchung referiert auf diese Weise auf Entwicklungen in der Aufführungspraxis solcher Häuser, wie sie sich in verschiedenen kulturellen und regionalen Konstellationen zeigen.
English Version
Part 2
Architecture and spaces for performative arts: Venues and sites for mixed use in the arts and culture – accessibility, programming and extended scenographies
Transdisciplinary Research Project between Theater and Media Studies and the History and Theory of Architecture / Funded by Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)/German Research Foundation
Widening the horizons to consider not only the architectures specifically built for theatre/dance/performance as places and spaces for performative arts, the present inquiry embeds the findings of the first phase of the research project in the context of a broader development. It outlines four levels on which mono-artistically conceived buildings and the programmes of theatres, operas, and exhibition halls/museums can be seen to be diversifying. These four levels represent four distinct constellations of cultural institutions and their architectures, (urban) society and groups of users:
- Mixed use in the arts and culture (or: linking of various cultural/artistic uses) points to the spatial proximity and shared architecture of various hitherto separately accommodated cultural and art-specific sites and institutions.
- Diversification of mono-artistically conceived sites and venues can be observed in many different facets. Theatres (and theatre buildings), for example, are opening up to the urban societies and neighbourhoods of the places where they are located. This development is attended by discussions of the “city as commons” (Stavrides 2016) and the “porous city” (Wolfrum et al. 2018), in which shared, inviting, and accessible (threshold) spaces are an essential aspect of future urbanity.
- Linking cultural uses by necessity within rural infrastructure. In rural areas there are multifarious venues, sites, and spaces, which are both privately and publicly funded. They take diverging approaches to programming and their ‘surface’, architectural appearances differ widely.
- Converted facilities and complexes as frames for linking cultural use. Sites consisting of former industrial facilities and buildings, situated on spacious grounds, that have been repurposed for cultural and artistic use indicate the linking of cultural uses. The synergies they thus generate, in the sense of being open and accessible to widely diverse groups of users, are explored here in addition to the architectural orientation of the various buildings on the grounds, the arrangement and alignment of their thresholds, and their common areas and connecting passages and spaces, as forms of accessibility and threshold spatiality.
By contextualising and extending the inquiry in this way, the project embeds its findings on spaces and architectures for performative arts in today’s international discourse on the future of cities/rural areas and their cultural and artistic sites, spaces, and venues. Furthermore, it reports on developments in the performative practice of such places, by examining various cultural and regional constellations.
Teil 1
Architektur und Raum für die Aufführungskünste - Entwicklungen seit den 1960er Jahren
Transdisziplinäres Forschungsprojekt zwischen Theater- und Medienwissenschaft und Architekturgeschichte und –theorie / Gefördert durch Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Seit den frühen 1990er Jahren gilt dem Raum als Konstrukt und Gestaltungsparameter in der Beobachtung und Analyse zeitgenössischer kultureller, sozialer und künstlerischer Entwicklungen verstärkte Aufmerksamkeit. Basierend auf dieser Entwicklung widmet sich das disziplinenübergreifende Forschungsprojekt dem Zusammenhang von architektonischen Entwicklungen und raumbildenden künstlerischen Prozessen und Praktiken in den Aufführungskünsten seit den 1960er Jahren. Die Untersuchungen konzentrieren sich zunächst auf den Bereich von Theater, Tanz, Performance, um von dort aus Erweiterungen in den Blick zu nehmen, die in Raum und Architektur die Gattungszuweisungen der Künste, z. B. in Richtung auf Ausstellungen, Interventionen oder temporäre Architekturen, überschreiten. Das Projekt zielt erstmals auf eine vergleichende Untersuchung zum Theaterbau seit den 1960er Jahren im deutschsprachigen Raum. In gleicher Weise beschreibt und analysiert es, ob und wie sich - ausgehend von den sich seit den 1960er Jahren verändernden Inszenierungsstrategien, Spielweisen und Präsentationskonzepten - Räume und Häuser etablieren können, die nicht dem traditionellen Bautyp Theater entsprechen.
Vor diesem Hintergrund wird mit unterschiedlich aufgefächertem methodischem Instrumentarium, als Überblick und in exemplarischen Detailanalysen, diese zentrale Frage untersucht: Wie lässt sich der Zusammenhang zwischen
- Architektur und urbaner Verortung der Theatergebäude oder Spielstätten, - deren Raumordnung im Inneren, sowohl als Gefüge unterschiedlich funktionaler Räume wie als Schau-/Spielanordnung und
- den in und mit ihnen agierenden Präsentationsformen und szenischen Praktiken beschreiben und differenzieren?
In Bestandsaufnahmen werden zunächst grundlegende Daten sowohl zu Theatergebäuden wie zu solchen Häusern generiert, die sich als spartenübergreifende, unter anderem für eine Szene postdramatischer Aufführungsformate, entwickelt hat. Dabei wird gerade in Hinblick auf die Relationen der verschiedenen Spielstätten an einem Ort eine topologische Darstellungsform zu entwickeln sein, die nicht nur die geografische Lokalisierung umfasst, sondern auch den konzeptionellen Standort berücksichtigt. In Fallstudien werden räumliche Darstellungen und Beschreibungen von Architekturprogramm und Struktur sowie theater- und medienwissenschaftliche Untersuchungen wie Spielplananalyse, Beschreibung kuratorischer und dramaturgischer Konzeptionen, das Verhältnis von Spielraum und medialen Räumen ins Verhältnis gesetzt. Die Ergebnisse werden in den Zusammenhang einer diskursanalytisch fundierten und historisch ergänzenden Untersuchung zur Herausbildung von Standards, Entscheidungsprozessen zu Architektur und Aufführungspraktiken sowie zu den Bedingungen ihrer Verschiebung gestellt.
English Version
Part 1
Architecture and Space for the Performing Arts – Developments since the 1960s
Transdisciplinary Research Project between Theater and Media Studies and the History and Theory of Architecture / Funded by Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)/German Research Foundation
Since the early 1990s increasing attention has been given to space as a construct and design parameter in the observance and analysis of contemporary cultural, social and artistic developments. Based on this development, the transdisciplinary research project is dedicated to the connection between architectural developments and spacedefining artistic processes and practices in the performing arts since the 1960s. The investigations initially focus on the field of theatre, dance and performance, in order to consider from this vantage point the spatial or architectural enhancements which transcend the assignment of artistic genres, e.g. to exhibitions, interventions or temporary architecture. The project first aims at a comparative investigation of theatre construction in German-speaking regions since the 1960s. Similarly, it describes and analyzes if and how (following the changing production strategies, acting techniques and presentation concepts since the 1960s) spaces and buildings can be established which do not correspond to the traditional theatre building type.
Against this backdrop, the following central question will be investigated utilising wide-ranging methodological instruments, as an overview and in exemplary detailed analyses:
How can the connection be described and differentiated between
- architecture and urban location of the theatre building or venue,
- its spatial organisation of the interior, as structure of diversely functional spaces as well as viewing/perfomance configuration, and
- the forms of presentation and scenic practices acting in and with them?
Through basic evaluations, fundamental information will first be generated about theatre buildings, as well as such buildings which have developed as, i.a. multidisciplinary venues of postdramatic perfomance formats. In the process, particularly with regard to the relations of the various venues in one place, a topological form of presentation is to be developed which not only encompasses the geographical location, but also considers the conceptual position. Case studies bring into relation spatial representations and descriptions of architectural program and structure, as well as theatre and media studies research such as repertoire analysis, description of curatorial and dramaturgical concepts, and the relationship between physical stage space and media spaces. The results will be placed in the context of discourse analytical, historically supplementary research on the formation of standards, decision-making processes about architecture and performance practices, as well as about the conditions of their shift.