Annette Menting. Wer weiß, wie man ein zeitgenössisches Theater oder ein Theater für morgen baut? Vom Auszug aus den Theaterhäusern an brachliegende Orte
In: Deutsches Nationalkomitee von ICOMOS (Hg.). Sein oder Nichtsein. Historische Theaterbauten: Nutzung und Modernisierung (in Vorbereitung 2022)
Peter Brook stellte die Frage, wer denn wisse, wie man ein zeitgenössisches Theater oder ein Theater für morgen baut und in den 1960er-Jahren empfahl der Theaterregisseur die Nutzung von vorgefundenen Orten. Ausgehend von den adaptierten Räumen der Berliner Schaubühne wird die historische Entwicklung vom Auszug aus den Theaterhäusern an nicht-theaterspezifische Orte beschrieben. Nach der Nutzung eines Kreuzberger Vortragssaals wurde das ehemalige Universum-Kino am Lehniner von Erich Mendelsohn Platz 1981 zur neuen Spielstätte der Schaubühne. In der Projektentwicklung erschienen die Interessen von Theaterleuten, Denkmalpflege und Stadtplanung gut vereinbar, in der Realisierung des Hauses als variables „Theater der Zukunft“ kam es jedoch zu unerwarteten Entwicklungen. Mit dieser paradigmatischen Raumsuche und -gestaltung wird dargestellt wie sich aufgrund veränderter Aufführungskonzepte Typologien, Funktionalitäten und Ausdruck des Theaterbaus wandelten und die Nutzungen von Bestandsbauten als neue Spielstätten etablierten. Letztlich haben Pionierprojekte der freien Szene seit den 1980er-Jahren dazu beigetragen, dass brachliegende Orte der Industriekultur, Technikbauten und Gebrauchsarchitekturen umgenutzt und somit auch erhalten wurden. Hieraus ergeben sich Fragestellungen, die auch für aktuelle Projekte relevant sind. Der Beitrag benennt Aspekte für den ausstehenden disziplinen-übergreifenden Diskurs zur jüngeren Theaterarchitektur, insbesondere zu Umbau- und Transformationsprozessen.