DETAILLIEBE
Die Postkarte von 1967 zeigt das beeindruckende, vierzig Meter hohe Interpelz-Hochhaus in seiner Gesamtheit. Der Schriftzug „kostbar, begehrt, weltbekannt - Pelze vom Brühl“ zierte seine Attika. Markant war die großzügige Öffnung der Erdgeschosszone. Im Bild-Vordergrund sind auffallend elegante Autos zu sehen. Das Interpelz Hochhaus diente als zentrales Büro- und Verwaltungsgebäude des Rauchwarenhandels in der DDR. In etwa 300 Büroräumen sowie in repräsentativen Verkaufs- und Ausstellungsräume im Erdgeschoss fanden sämtliche Außenhandelsaktivitäten und Import- und Exportgeschäfte für Rauchwaren und Pelze statt. Das moderne Gebäude zeichnete sich durch eine klare Horizontalgliederung aus. Die Brüstungselemente, die mit violettem Glasmosaik versehen waren, bildeten einen kontrastreichen Akzent zu den hellen Aluminium-Fensterbändern. Weiße Betonwerksteinflächen an den Giebeln und am Gesims unterstützen die gestalterische Einheit des Baukörpers. Um 1990 erfolgte die Auflösung der Leipziger Handelsgesellschaft Interpelz. In der Folgezeit wurde die Immobilie für verschiedene Zwischennutzungen verwendet von einer Flüchtlingsunterkunft bis zu Universitätsräumen. 2016-2017 wurde das Gebäude zum Adina Apartment Hotel umgebaut. Dabei wurden die alten Fassadenmterialien vollständig entfernt und die Fassadenelemente neugestaltet wie mit ockerfarbenen Keramikfliesen.
Während auf dem Postkarten-Foto die Dreidimensionalität mit der Übereck-Perspektive akzentuiert wurde, arbeitet die Foto-Serie mit zweidimensionalen Ausschnitten oder Frontalansichten. Sie fokussiert auf die regelmäßigen Rasterstrukturen, die Materialität und Detaillierung sowie das Zusammenspiel mit der Umgebungsbebauung. Die Annäherung an das Hochhaus erfolgte vom Vorplatz des Hauptbahnhofs. Hier war ein erster Blick auf das Gebäude durch die seit Jahrzehnten bestehende Baulücke möglich, die derzeit durch eine Neubebauung geschlossen wird. Aufgrund der inzwischen stark verdichteten Umgebungsbebauung und der imposanten Gebäudehöhe war die fotografische Erkundung herausfordernd: Es war kaum möglich, einen angemessenen Abstand zu finden, um Verzerrungen bei den Aufnahmen zu vermeiden. Vom gegenüberliegenden Parkhaus Brühl konnte das verglaste Treppenhaus und die typische Horizontalgliederung der modernen Fassade fotografiert werden. Von der Reichsstraße ergab sich ein Standpunkt, von dem sich die südliche Gebäudeseite unverzerrt zeigen lässt. Die Fotos verdeutlichen nicht nur die klare horizontale Gliederung der äußeren Hülle, sondern auch die Weichzeichnung der detaillierten Fassadengestaltung mit den kleinteiligen, ockerfarbenen Keramikfliesen.
Der Vorplatz des Gebäudes hat sich zu Gunsten des Fußgängerverkehrs verändert: Sitzmöglichkeiten, einzelne Bäume und Fahrradständer finden sich hier - dennoch wird der Freiraum überwiegend als Wegeraum genutzt. Den weiträumigen Sachsenplatz, der bis 1999 den Umraum des Hochhauses prägte, gibt es heute nicht mehr.
// Helen Singer, Fotografie + Recherche